Regina Berlinghof

Wüste, Liebe und Computer. Geschichten

Reaktionen und Rezensionen:

Frankfurter Rundschau vom 2.12.1999:

KULTURSPIEGEL MAIN-TAUNUS

Geschichten mit Herz eröffnen Blicke in die Seelen 

Regina Berlinghof gelangte über Umwege zur Schriftstellerei 
Eine Liebesbeziehung in Kairo veränderte ihr Leben

Von Sabine Krischke

Wüste, Liebe und ein Hauch Mystik: Die Kelkheimer Autorin Regina Berlinghof schreibt heitere Geschichten über Natur, Liebe, Erkenntnis. Die Juristin, Verlegerin und Computer-Trainerin blickt den Menschen dabei tief in die Seele.

KELKHEIM. Was Regina Berlinghofs Leidenschaft ist, erkennt der Besucher mit einem Blick: Bücher. Bücher in den Regalen, Bücher auf dem Boden, Bücher auf dem Bett, Bücher auf Stühlen und Tischen. Deutsche Klassiker, französische und englische Romantiker, Philosophen, Dichter des Orients, antike Geschichtsschreiber, Bücher über Religion, Psychologie, Rechts- und Naturwissenschaften und vieles mehr. 8000 Bände hat die Kelkheimerin in ihrer Zweizimmerwohnung im Herzen der Stadt verstaut. Der 52-Jährigen fehlt Platz, ist ihre Wohnung doch gleichzeitig Sitz ihres Mediaverlags YingYang. Und so gesellen sich zu den Büchern Computer, Drucker, Faxgerät, Telefone, Aktenordner und Briefpapier.

"Alles hat System", sagt die etwa 1,60 Meter große Frau und lacht. An Umzug denkt sie nicht, zu krass ist die Vorstellung, all die Bücher zu schleppen. Lesen war schon immer ein Hobby der gebürtigen Freiburgerin. "Als Kind träumte ich davon, Bibliothekarin zu werden." Oder Lehrerin oder Schauspielerin. Geworden ist sie dann erst einmal Juristin. "Ein Verlegenheitsstudium", gesteht sie. Mit Paragrafen und Gesetzen konnte sich die junge Studentin nicht anfreunden, "die Juristerei ist seelenlos". Und doch zog sie das ungeliebte Studium durch, machte auch das zweite Staatsexamen.

Rückblickend mag die Autorin die an der Frankfurter Goethe-Universität erworbenen Kenntnisse nicht missen. Kamen sie ihr doch bei ihrem ersten Roman Mirjam zugute. "Argumentieren, der Sinn für Balancen, verschiedene Meinungen vertreten", dieses Juristen-Können habe ihr beim Schreiben sehr geholfen. Ansonsten hat ihr erstes großes Werk herzlich wenig mit Jura zu tun. Geht es doch um die Liebe in all ihren Dimensionen, um eine leidenschaftliche Beziehung - zwischen Jesus und Maria Magdalena im römisch besetzten Judäa.

Ihr Erstlingswerk, das 1997 veröffentlicht wurde, sorgte für Aufregung. Nicht das Thema störte die orthodoxen Christen, sondern das Cover: eine zart gestrichelte Andeutung des nackten Paars in leidenschaftlicher Umarmung. "Ein katholischer Buchladen in Frankfurt nahm mein Buch wegen der heftigen Kundenbeschwerden aus dem Schaufenster", amüsiert sich Berlinghof heute. Damals wehrte sie sich in Pressemitteilungen gegen den "religiösen Fundamentalismus", der Zensur ausüben will und "schlimm ist". Dass es solchen Trubel um ihr Buch geben würde, hatte sie nicht erwartet. "Ich wollte Liebe rüberbringen", die Menschen an dem unendlichen Glück teilhaben lassen, das sie erlebt habe im Orient, nach Abschluss des Studiums. Eine Liebesbeziehung in Kairo veränderte Berlinghofs Leben. Eine "Erleuchtung in Kombination mit Sex" versucht sie zu umschreiben, "was sich nicht in Worte fassen lässt".

Das Abendland mit seiner christlichen Kultur habe die körperliche Lust verdrängt und mit Vorurteilen belegt, Sie aber habe durch ihre orientalische Liebe die "Unendlichkeit erfahren". Eine tiefe innere Verbundenheit mit allen Menschen, Tieren, Pflanzen und Materie ungefähr so sei ihre "Bewusstseinserweiterung" zu verstehen. Ein sinnliches Gefühl, ein tief empfundener Glaube, der freilich nichts mit Religion zu tun habe, sondern am ehesten noch mit der Pansophie der Mystiker zu vergleichen sei.

Nach dem zwei Jahre währenden Kairo-Erlebnis warf Berlinghof ihre Zukunftspläne über den Haufen. Nicht der Juristerei, sondern dem Schreiben wollte sie sich widmen. Ein Halbtagsjob musste her, um Zeit für ihre neue Leidenschaft zu haben. Als Bibliothekarin an der Uni und als Fremdsprachensekretärin bei Banken arbeitete die Volljuristin, die heute als Trainerin für Computer-Software ihre Brötchen verdient. Zu Hause auf dem Laptop entstanden Märchen, Geschichten, Erzählungen und schließlich die Mirjam, für die Berlinghof einen Eschborner Verlag begeistern konnte.

Jetzt hat die Kelkheimerin eine Auswahl ihrer Erzählungen folgen lassen. Wüste, Liebe und Computer heißt Berlinghofs neues Buch, das in ihrem jüngst gegründeten Verlag YingYang erschienen ist. Heitere, teils erotische Geschichten mit Herz, die feinfühlig in die Seelen der Menschen blicken und den Sinn für das Fremde zu öffnen versuchen. Und gleichzeitig ein Plädoyer für das Naturerlebnis. Ob Snobs, die sich in Meditation üben, Wissenschaftler, die in der Natur der Zukunft die Ketten des Expertentums abschütteln, verführerische Frau, die Männer verzaubert, oder variantenreiche Wüsten-Erlebnisse deutscher Touristen in Amerika: "Freies Denken, das Gefühle integriert, verbunden mit Spiritualität", umreißt die Autorin ihr neues Werk.

Gelegenheit, Regina Berlinghof kennenzulernen, haben Interessierte heute im Kulturbahnhof in Kelkheim-Münster. Von 15.30 Uhr an liest die Autorin aus dem im YingYang-Verlag erschienenen 'Der Diwan' des persischen Dichters und Mystikers Hafis sowie aus Goethes 'West-östlicher Diwan'. Die Veranstaltung wird am Sonntag, 19. Dezember, 11 Uhr, im Rahmen einer kulinarisch-musikalischen Matinee wiederholt. Die Erzählsammlung »Wüste, Liebe und Computer«, gibt's im Buchhandel für 24,80 Mark.
 
 


 
 
 
 
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