zur Startseite    

Kabir fand sich im Gesang - Cover
 
Kabir fand sich im Gesang
Die Verse des indischen Bhakti-Dichters und Mystikers

neu September 2006  -  erschienen!
Herausgegeben und aus dem Hindi übertragen von Shubhra Parashar
mit einer ausführlichen Einleitung, Anmerkungen und einem Glossar
154 Seiten, Eur. 12,50, br..

ISBN 978-935727-11-2

Einige Kostproben aus dem Band (ohne Anmerkungen):

Das Inhaltsverzeichnis:

DANKSAGUNGEN4
VORWORT
EINLEITUNG: KABIR UND SEINE VERSE
   Kabir (Kurzbiographie)
   Der historische Kabir
   Kabirlegenden
   Kabirs Gottesvorstellung
   Sants und Sadhus / Sadho5
   Kabirs Kritik an den zeitgenössischen
   Religionsformen
   Kabirs Sprachbilder
   Die spirituelle Physiologie des Hatha-
   Yoga und ihr Symbolismus bei Kabir
   Die Symbolik des Sufi smus bei Kabir

DIE VERSE

ANHANG
   Glossar
   Alphabetischer Versindex (Hindi)
   Bibliographie
   Kabir heute
KABIR

Übersicht:

Kabirs Bedeutung (aus dem Vorwort von Shubhra Parashar)
Kabirs universelle Persönlichkeit spricht Hindus, Muslime, Sikhs, moderne Patrioten, Neo-Vedantins1 und Gesellschaftsreformer  in gleichem Maße an. Westliche Gelehrte versuchten, den progressiven Gedanken in Kabirs Werken auf Einflüsse des Christentums zurückzuführen. Verschiedene Reformbewegungen des 19. Jahrhunderts entdeckten Kabir neu. Mahatma Gandhi, der Vater der indischen Republik, wurde von Kabir beeinflußt. Seine Maximen „Wahrheit und Gewaltlosigkeit“, gehen auf Kabir zurück. Der bengalische Dichter und Philosoph, Rabindranath Tagore, der 1913 den Literaturnobelpreis erhielt, übertrug Anfang des 20. Jahrhunderts Kabirs Verse in einer freien Version ins Englische, um die westliche Welt mit Kabirs Gedanken vertraut zu machen. Auch in der Gegenwart bleibt Kabir ein aktueller Dichter und Mystiker, auf den man in Zeiten der religiösen Konflikte, Klassen- und Kastenkämpfe immer wieder zurückgreift.
Kabir kritisierte die gesellschaftlichen Umstände, in denen er lebte. Er schonte mit seiner Kritik weder Hindus noch Muslime, die sich an die Dogmen ihrer Religionen festklammerten. Er achtete nicht darauf, zu welcher Religionsgruppe oder Kaste seine Schüler gehörten, noch darauf, ob sie aus gebildeten oder ungebildeten Schichten stammten. Mit seiner unverblümten Sprache zog er sich viele Feinde zu. Er lehrte das Streben nach der unmittelbaren Erkenntnis und der Wahrheit des Seins. Die Gründung einer neuen Sekte oder Religion lag ihm fern. Bereits zu Lebzeiten fanden seine Lehren Verbreitung in Nord- und auch in Südindien. In seinem Namen entstanden viele Sekten, die die Verbreitung seiner Lehren systematisch institutionalisierten. Kabir ist der am meisten übersetzte und erforschte indische Dichter im Ausland. 1758 fertigte der Mönch Marco della Tomba eine erste italienische Übersetzung von einem der Werke Kabirs an. Englische Übersetzungen folgten. Hierbei sind besonders die erst vor einigen Jahren herausgekommene, ursprünglich französische Übersetzung ausgesuchter Verse Kabirs von Charlotte Vaudeville und die englische Übersetzung des Bijak („Samen“) von Linda Hess und Shukdev Singh zu erwähnen.
Der Dichter selbst konnte weder lesen noch schreiben; seine Lehren wurden in Versform mündlich weitergegeben und erst später von Schülern und anderen Zuhörern aufgezeichnet.

1  Anhänger der Reformbewegungen im 19. Jh. Die Reformbewegungen grün deten sich auf die Neuentdeckung der Veden. Der Glaube an ein Höchstes Selbst ist ein Berührungspunkt mit der Lehre Kabirs. Ebenso  das Streben nach dem Einswerden der individuellen Seele mit dem Höchsten Selbst als Ziel des Menschenlebens.


Kabir Kurzbiographie - Fakten und Legenden (von Shubhra Parashar)

Kabir war der bedeutendste Dichter seiner Zeit in Nordindien. Seine Lebensdaten jedoch liegen größtenteils im dunkeln. Mit großer Wahrscheinlichkeit wurde er in Varanasi/Kashi geboren, wo er um die Mitte des 15. Jahrhunderts auch lebte und wirkte. Er gehörte der muslimischen Weberkaste (Julaha) an. Seine Wanderreisen führten ihn nach Rajasthan, Punjab, Gujarat, in den Süden und Osten des Landes. Nach seinen eigenen Worten hatte er in Magahar (bei Gorakhpur) das Erlebnis der göttlichen Erfahrung. Danach zog er nach Kashi, wo er den Rest seines Lebens verbrachte. Kurz vor seinem Tod verließ er Kashi und ging nach Magahar, wo er starb. Er scheint sich vom Islam losgesagt zu haben, doch nahm er den Hindu-Glauben nicht formell an. Anscheinend war er verheiratet und hatte Kinder, vermutlich einen Sohn. Er gilt als Schüler des Guru Ramananda, dies aber ist nicht gesichert.

DER HISTORISCHE KABIR
Nach der Auslegung eines Verses wird seine Geburt auf den
25. Juni 1397-98 (Samvat 1455, Vollmond der hellen Monatshälfte des dritten Hindu-Monats) datiert; 1380, 1398, 1440 sind alternative Datierungen.
Gewöhnlich werden Magahar und Kashi neben anderen Orten als seine Geburtsorte erwähnt.
Kabirs Todesdatum ist umstritten. Nach der Auslegung eines Verses wird sein Todesdatum auf das Jahr 1518 (Samvat 1575, erster Tag der hellen Monatshälfte des elften Hindu-Monats) berechnet. Danach müßte Kabir rund 120 Jahre alt geworden sein. Die neuere Forschung hält 1448 für wahrscheinlicher.
In der Diskussion steht auch die Herkunft des Namens Kabir, der sowohl auf einen arabischen als auch auf einen indischen Ursprung zurückgeführt wird. Im Arabischen bedeutet Kabir „groß“, „mächtig“, „bedeutend“, „alt“. Das Adjektiv wird auch als Vorname verwendet und ist einer der neunundneunzig Namen Allahs. Nach einer Hindu-Legende wurde Kabir vom Daumen einer brahmanischen Witwe geboren. Deswegen bekam er den Namen Kabir, abgeleitet von Karvir, d.h. „der aus der Hand geborene Held“. Es gibt Hinweise in Kabirs Versen, daß er mit einer Frau namens Loi verheiratet war und Kinder hatte. Der Kabirpanthi-Orden lehnt diese Annahme strikt ab.

KABIR-LEGENDEN
Die Legende erzählt, daß Kabir als unehelicher Sohn einer brahmanischen Witwe auf die Welt kam und von einer muslimischen Weberfamilie wie ein eigenes Kind aufgezogen wurde.1 Als Kabirs Mutter eines Tages in Begleitung ihres Vaters Swami Ramananda besuchte, der später der Guru Kabirs wurde, segnete der Swami sie mit den Worten, daß sie einen außergewöhnlichen Sohn gebären werde. Da sie als Witwe ein uneheliches Kind nicht aufziehen wollte oder konnte, setzte sie es in Lahartara, beim gleichnamigen Wasserreservoir in der Nähe von Kashi/Varanasi, aus. Das kinderlose muslimische Weberpaar, Niru und Nima, fand den Knaben und nahm ihn mit sich nach Niru Tila Narharpura in Kashi, heute das Kabirchaura-Kloster. Eine Gedenksäule am Lahartara-Wasserreservoir erinnert heute an den Fundort des Findelkindes „Kabir“. Wenige Meter davon entfernt, steht ein kleiner Tempel, der Kabir und seinen Adoptiveltern geweiht ist. An dieser Stelle sollen Niru und Nima mit ihrem Adoptivsohn gerastet haben.
Der berühmte Guru Ramananda soll Kabir zuerst als Schüler abgelehnt haben, weil er als Muslim galt.2 Kabir jedoch gab nicht auf. Er nutzte den Umstand, daß Ramananda sehr früh am Morgen im Ganges zu baden pflegte. Er legte sich auf die Stufe einer Treppe, die zum Badeufer führte. Als Ramananda vom Bad zurückkehrte, stolperte er in der gerade anbrechenden Morgendämmerung über Kabir. Vor Schreck rief er „Ram, Ram…“, den Namen Gottes. Kabir deutete flugs die Berührung mit den Füßen Ramanandas als seine Annahme als Schüler und Rams Namen als sein Einweihungsmantra. Von Kabir ist überliefert, daß er sein Mantra verwirklichte, d.h. er tat keinen Atemzug ohne „Ram“. Kabir verbrachte die meiste Zeit seines Lebens in Kashi als Weber und lehrte dort. Er kritisierte die rituellen Tieropfer der Hindus und Muslime, ebenso die Dogmen und strengen Zeremonien beider Religionen. Viele Hindus und Muslime aus den einfacheren Volksschichten fühlten sich von seinen Lehren angesprochen, während die kritisierten orthodoxen Religionsvertreter und Anhänger ihn bekämpften, ja verfolgten.

Als Sultan Lodi nach Kashi kam, soll er angeordnet haben, Kabir zu töten. Kabir überlebte zwei Mordversuche – einmal wurde er gefesselt und in den Ganges geworfen, ein andermal sollten ihn Elefanten zertrampeln. Der Sultan erkannte schließlich die Größe Kabirs und ließ von seinen Versuchen ab. Kabir starb hochbetagt in Magahar. Von Magahar heißt es, daß es im Gegensatz zur Stadt Kashi zum Sterben nicht geeignet sei. Wer dort sterbe, werde als Esel wiedergeboren. Kabir lehnte dies als Aberglauben genauso ab wie den allgemeinen Glauben, daß der Tod in Kashi die Erlösung bringe. In einem Vers sagt er, daß er seine Erlösung allein der Gnade Gottes (Hari) zuschreiben werde, nicht aber der Stadt Kashi, selbst wenn er für diesen Unglauben in die Hölle käme. Nach Kabirs Tod brach ein Streit zwischen seinen Muslim- und Hinduschülern aus, da die einen seinen Leichnam begraben, die anderen ihn auf dem Scheiterhaufen verbrennen wollten. Sie zogen das Leichentuch weg und fanden nur Blumen vor, die sie unter sich aufteilten. Die Muslime beerdigten sie, die Hindus verbrannten sie. Beide errichteten ihre eigenen Gedenkstätten. Einen Teil der Blumen brachten Kabirs Schüler nach Kabirchaura in Kashi und errichteten dort ein Samadhi (Gedenkstätte). An dieser Stelle steht heute ein Tempel, der diese Gedenkstätte an Kabir beherbergt.

1 Nach einer anderen Version war Kabir ein indischer Webersohn, dessen Mutter Türkin, also Muslimin war. 

2 Nach einer anderen Version bat Kabir Ramananda, ihn als Schüler anzunehmen und ihm ein Mantra zu geben. Ramananda verlangte von Kabir, daß er dem Orden beitreten und sein Heim und das Weberhandwerk aufgeben solle. Damit war Kabir nicht einverstanden, denn er hielt nichts von äußerlicher Entsagung.

KABIR HEUTE  (Regina Berlinghof)

Westliche Leser, die weder Hindus noch Muslime sind, mögen sich fragen, warum sie die Verse eines indischen Mystikers lesen sollten, mit denen dieser vor mehr als fünfhundert Jahren gegen Religionsstreitigkeiten und die orthodoxen Lehren und Praktiken im Islam und Hinduismus andichtete. Leider ist das Problem religiöser Zwistigkeiten und gegenseitiger Unterdrückung und Verfolgung aktueller denn je – nicht nur in Indien, sondern weltweit.
Kabir beschränkte sich ja auch nicht auf die Kritik an den damaligen (und oft noch heutigen) Mißständen. Er dichtete und lehrte aus einer eigenen tiefen religiösen Erfahrung, die jede festgelegte und institutionalisierte Religionsform hinter sich ließ. Man könnte sagen, er durchwanderte, ja durchwühlte die Religionsgebäude des Islam und Hinduismus und brach durch ihre Mauern hindurch ins Freie, wo er das unendliche, unbeschreibbare Göttliche in allen Dingen, Lebewesen und in sich selbst fand.
Wer selbst diese Erfahrung des Einsseins gemacht hat, weiß, wovon Kabir spricht. Wer sie nicht kennt, findet zahlreiche Parallelen in den Äußerungen der Mystiker aller Religionen, ungeachtet der vielfältigen Methoden, die ihnen zur Erlangung dieser Erfahrung verholfen haben. Das „Einswerden mit Gott oder dem Höchsten Selbst“, Gott als nicht beschreibbar und jenseits von Zeit und Raum, als Erfahrung der Liebe, als „Leere“, die aber alle Dinge hervorbringt, all dies sind Begriffe, mit denen Mystiker immer wieder jene umwälzende spirituelle Erfahrung beschreiben, die sich doch allen Worten entzieht. Wir finden vergleichbare Wendungen im Zen-Buddhismus, im Taoismus, bei den Sufis, und auch im Christentum, z.B. bei Meister Eckhart und Friedrich von Logau.

Wer selbst Gott oder das Göttliche in sich erfahren hat, läßt sich nicht mehr mit vorgegebenen Glaubenssätzen oder Ideologien abspeisen. Weil die Mystiker die geltenden religiösen Vorstellungen an ihrer eigenen Erkenntnis maßen und es wagten, die vertrauten Denkmuster und Praktiken zu kritisieren, zu unterlaufen, zu verwerfen, ja sich teilweise sogar lustig über sie zu machen, und weil sie die anerkannten gelehrten Autoritäten als Unwissende bloßstellten, wurden sie immer wieder von konservativen Gläubigen und den offiziellen Religionsvertretern an gefeindet, verfolgt, einige sogar hingerichtet – man denke nur an Jesus, den Sufi Halladsch und Giordano Bruno. Kabir, ähnlich wie Buddha, entging diesem Schicksal, weil die Mordanschläge mißlangen. Mystiker wie Hafis fanden Schutz durch freisinnige Herrscher, andere wie Meister Eckhart widerriefen rechtzeitig ganz oder teilweise.
Glücklicherweise gilt die mystische Erfahrung hier und heute nicht mehr als lebensbedrohliche Ketzerei, sondern ist Gegenstand interessierter naturwissenschaftlicher Forschung, besonders unter den Aspekten einer universell gültigen menschlichen Erfahrung, der natürlichen Bewußtseinserweiterung und der Religion im Urzustand. Im Internet fand ich den Satz: „Mystik ist die Religion der Zukunft.“ Man könnte auch sagen, was Liebe im Verhältnis zur Institution der Ehe ist, das ist die Mystik im Verhältnis zu den institutionalisierten Religionen.

Einige Kostproben aus dem Band (ohne Anmerkungen):

Die nächsten Kabir-Lesungen

"Kabir fand sich im Gesang" bestellen
 
Buch bestellen


 

Kontakt
zurück zur Startseite

Order book


 

Contact


 

Back to homepage


Design und Copyright ©: YinYang Media Verlag
Stand: September 2006