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Cover Hell ein
                        Vogelruf ertönt (Guofeng)
 
Aus dem Chinesischen neu übertragen und erläutert von Hans-Günter Wagner,
213 Seiten, kt.,
ISBN  978-3-935727-12-9,
Euro 14,00
erschienen Mai 2007


NEU als eBook
Euro 8,00
Hell ein Vogelruf ertönt - 
Altchinesische Volkslyrik (Shijing - Guofeng)

Entstanden zur Zeit der Homerischen Epen und des Rigveda der Inder gehört das chinesische Buch der Lieder und Gedichte (Shijing) zu den ältesten literarischen Erzeugnissen der Menschheit. Der Abschnitt der Volkslyrik (das Guofeng), spiegelt in einem buntschillernden Mosaik das Alltagsleben und die Facetten menschlicher Sehnsüchte, Leidenschaften,  Ängste und Versagungen wider: Verse, die die Liebe verewigen stehen neben Spottgedichten auf den Herrscher und seine Vasallen. Hochzeitslieder reihen sich an Schilderungen der Schrecken des Krieges und der Trauer der Witwen. Klagen über die Not armer Bauern finden sich neben Beschreibungen des Lebens bei Hofe. Die Klagen verstoßener Frauen und die Qual unerfüllter Liebe werden abgelöst von Zeugnissen glücklicher Liebe.

Der ungekünstelte Stil der Lieder, ihre bilderreiche Sprache haben die Jahrtausende überdauert und sind auch heute noch aktuell. Nicht wenige Verse finden sich bis heute als Redensarten in der chinesischen Gegenwartssprache.


Kostproben:

1. Der Vogelruf

Hell ein Vogelruf ertönt
an des Flusses seichtem Ufer
O du holde, zarte Schöne
Herz des edlen Jünglings rührt

Grünes Schilfrohr, zart und üppig,
überall durchdringend wächst
O du holde, zarte Schöne
Tag und Traum Verlangen nährt

Verlangen bleibet ungestillt,
unbändig der Gedanke quillt
Zweifel plagen, Schmerz nicht weicht
ruhelos die Nacht verstreicht

Grünes Schilfrohr, zart und üppig,
überall gesammelt wird
O du holde, zarte Schöne,
Zither- und Harfensaiten schwingen
    vereint sie erst harmonisch klingen

Grünes Schilfrohr, zart und üppig,
überall geschnitten wird
O du holde, zarte Schöne,
Trommelschlag und Glockenklang
    künden höchste Freude an


4. Der Jiu-Baum

Im Süden Jiu-Baumzweige hängen,
Ranke windet sich empor,
Glücklich Jüngling strahlend kostet
Des Beamtenlohnes Trost

Im Süden Jiu-Baum-Zweige hängen,
Ranke deckt den Blätterwald,
Glücklich Jüngling rechnet bald
Auf reichlich fließend Staatsgehalt

Im Süden Jiu-Baum Zweige hängen,
Ranke würgt das braune Holz,
Der Jüngling frönet dem Genuss
Erheischend künft’gen Überfluss


48. Im Maulbeerhain

Teufelszwirn man sammelt wo?
An einem Ort mit Namen Mo
Die Gedanken ziehen dann?
Zu Mengs schöner Tochter Jiang
Harret mein im Maulbeerhain
Lädt in den Palast mich ein
An des Flusses Uferdamm gehen wir gemeinsam lang

Man schneidet Weizenähren wo?
Im Norden des Kreises Mo
Von wem lässt das Sehnen nie?
Von Mengs schöner Tochter Yi
Harret mein im Maulbeerhain
Lädt in den Palast mich ein
An des Flusses Uferdamm gehen wir gemeinsam lang

Wo erntet man Wasserrüben?
Im Osten des Mo-Kreises drüben
Alles Denken kreist nur um?
Herrn Mengs schöne Tochter Yong
Harret mein im Maulbeerhain
Lädt in den Palast mich ein
An des Flusses Uferdamm gehen wir gemeinsam lang


76. Bitte an den Geliebten

Jüngster Sohn vom Nachbarhof
spring nicht übern Außenzaun
der Weidenzweig sonst bricht entzwei
Ich fürchte nicht den Zweig, der bricht
ich fürcht der Eltern Strafgericht
Sehnsucht tief im Herzen brennt
doch der Eltern Wort
allein den Tadel kennt

Jüngster Sohn vom Nachbarhof
spring nicht übern Mauerkamm
brechen würd der Maulbeerstamm
Ich fürchte nicht den Stamm, der bricht
ich fürcht der Brüder Strafgericht
Sehnsucht tief im Herzen brennt
doch der Brüder Wort
allein denTadel kennt

Jüngster Sohn vom Nachbarhof
spring nicht in den Innenhof
denn brechen könnt ein Bäumelein
Ich fürchte nicht den Baum, der bricht
ich fürcht der Leute Strafgericht
Sehnsucht tief im Herzen brennt
doch der Leute Wort
allein den Tadel kennt


108. In der feuchten Aue


In der feuchten Aue
schneide wildes Kraut
Seh den edlen Jüngling stehn
Über alle Maßen schön
Über alle Maßen schön
Selbst des Fürsten Wagenlenker
    kann nicht neben ihm bestehn

In des Flusses Niederungen
pflücke Maulbeerblätter ab
Seh den holden Jüngling gehn
Augen hell und strahlend schön
Augen hell und strahlend schön
Auch des Fürsten Hofgefolge
    neben ihm kann nicht bestehn

An des Flusses sanfter Biegung
sammle grünes Heilkraut ein
O dieser Jüngling mein
Wie Jade schön und rein
Wie Jade schön und rein
Und des Fürsten höchster Diener
    neben ihm wirkt blass und klein


156. Rückmarsch vom Ostberg

Zum Ostberg einst wir zogen
lang konnten nicht zurück
Und heut am Tag der Rückkehr
selbst regenschwere Wolken
    nicht trüben unser Glück
Als Rückmarsch ward befohlen
wie war mein Herz so frei
Wir nähten neue Kleider
der Krieg ist nun vorbei
Gleich Raupen sich verpuppend
in einem Maulbeerhain
Zusammengerollt ein jeder
schlief unterm Wagen ein

Zum Ostberg einst wir zogen
und lange blieben dort
Näher rückt nun die Heimat
vertrauter Ort um Ort
Die Kürbisfrucht mit Ranken
sich bis zum Dach erstreckt
Käfer am Boden kriechen
die Tür ein Spinnennetz bedeckt
Die Hirsche friedlich äsen
Glühwürmchen funkeln auf
Wie sollten wir uns fürchten
wenn Sehnsucht steigt herauf

Zum Ostberg einst wir zogen
zu lang wir blieben dort
Seh schon mein Haus im Regen
fremd und vertraut der Ort
Draußen ruft laut ein Kranich
im Haus die Frau seufzt schwer
sie putzt und stopft die Löcher
erhofft mein Wiederkehr
Rund-glänzend Kürbisfrüchte
auf Brennholzscheiten stehn
Drei Jahre sind vergangen
seit man mich zwang zu gehn

Zum Ostberg einst wir zogen
lang konnten nicht zurück
Und heut am Tag der Rückkehr
selbst regenschwere Wolken
    nicht trüben unser Glück
Aufsteigt die Oriole
goldgelb ihr Federkleid
so gelb wie einst die Wagen
am Tag uns’rer Hochzeit
Die Mutter band die Schärpe
Zehn Riten schufen Glück
O schöne Zeit des Anfangs
Ob sie kehrt je zurück?

 

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