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Freitag,
18.06.2010
Dichter in
Lebensgefahr
Beim interkulturellen Gesprächskreis gab es
riskante Poesie
Von Christel
Wösner-Rafael
Der berühmte persische Physiker und
Mathematiker Omar Khayyam wurde 1048 im damaligen Persien geboren. Er
war auch Freidenker.
Friedrichsdorf. Einmal im
Jahr lädt Kadi Farzian den Interkulturellen Gesprächskreis
Contact zu einer Gesprächsrunde in sein Teppichhaus in die
Hugenottenstraße ein. Jetzt referierte Regina Berlinghof, Autorin
und Verlegerin aus Kelkheim, über das persische Multitalent Omar
Khayyam, mit besonderem Blick auf seine Werke als Dichter «Das
Leben ist die Liebe».
«Insgeheim schrieb Omar Khayyam kleine, schlichte
Vierzeilerverse, die sein ganz persönliches Denken freigaben, das
wiederum im Gegensatz zu religiösem Fundamentalismus, geistiger
Zensur und Unterdrückung standen,» sagte Berlinghof.
Sicherlich hätten zu seinen Lebzeiten nur sehr wenige
vertrauensvolle Freunde seine Verse lesen dürfen. Seine Vierzeiler
(Ruba’iyat) sind feurige bis melancholische Liebesgedichte und
zweiflerische, ketzerische Verse, die die Freiheit des Denkens und
Handels beanspruchen, die kritisch den Glauben hinterfragen und jeder
engstirnigen Theologie mit spitzem Witz begegnen. Überliefert ist,
dass er wegen dieser Verse in Lebensgefahr geriet und eine Pilgerreise
nach Mekka unternahm.
Omar Khayyam «der Zeltmacher» wurde um 1048 in Nischapur,
Provinz Chorasan, geboren. Er war ein berühmter Physiker und
Mathematiker, er fand die Lösung kubischer Gleichungen und ihrer
Wurzeln durch die geometrische Darstellung. Seinen Weg setzte erst
Jahrhunderte später Descartes fort. Er befasste sich mit der
Parallele und den irrationalen Zahlen, schuf ein lange Zeit
vorherrschendes Werk der Algebra, erfand das Dreieck der
Binomialkoeffizienten, heute als Pascalsches Dreieck bekannt. Im
Auftrag des Seldschukenfürsten Malik Schah I erbaute er ein
Observatorium und erstellte einen Sonnenkalender, der genauer berechnet
ist als der 500 Jahre später entstandene und heute von uns
genutzte Gregorianische Kalender. Der moderne iranische Kalender beruht
auf den Berechnungen Khayyams. Anerkannt waren auch seine
philosophischen Texte.
Weltruhm
Mit der kongenialen Übersetzung seiner Vierzeiler ins englische
durch den Privatgelehrten Edward Fitzgerald begann im 19. Jahrhundert
sein Weltruhm. Doch zunächst wurde das Buch ein Flop, es landete
in der Ramschkiste, das Stück für 1 Cent. Zwei begeisterte
amerikanische Journalisten fanden es dort. Und bald fand es
reißenden Absatz in Amerika und dann im viktorianischen England.
Omar Khayyam war auch ein Zweifler, der trotz seines immensen Wissens
keine Antworten fand zum Sinn des Lebens und so entschied er:
«Man sagt, dass diejenigen, die enthaltsam leben, so wie sie
sterben, wieder auferstehen. Deshalb lebe ich schon jetzt mit Wein und
Liebe, um am jüngsten Tag so aufzuerstehen.»
Deutsche Übersetzungen entstanden um 1880. «Bis zum Ende der
Weimarer Republik gab es zahlreiche Übersetzungen, und im Laufe
der Jahre wundersame Vermehrungen der Vierzeiler, das Original ist nur
sehr schwer vom Nachahmer zu unterscheiden,» so Berlinghof und
wies darauf hin, dass sowohl strenggläubige Islamisten als auch
Christen dieses Buch wegen Blasphemie ablehnten.
Wegen seiner weitreichenden naturwissenschaftlichen Forschungen wurde
im Laleh Park in Teheran eine Omar Khaayyam-Statue errichtet.
Artikel
vom 18. Juni 2010, 03.29 Uhr
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