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Freitag,
10.
Mai 2011
Verklärt
und verachtet: Das Morgenland in verschiedenen Kultur-Epochen
Wie deutsche Dichter und Denker
Berührungen mit dem Orient literarisch verarbeiten war jetzt Thema
des interkulturellen Gesprächskreises "Contact".
Von Olivera
Gligoric-Fürer
Friedrichsdorf.
Friedrichsdorf.
Während die Schriftstellerin und Verlegerin Regina
Berlinghof vom Morgen- und Abendland, von Johann Wolfgang Goethe,
Gotthold Ephraim Lessing oder Heinrich Heine erzählte,
während sie ihre Berichte mit Musik von Wolfgang Amadeus Mozart
("Entführung aus dem Serail") und Georg Friedrich Händel
("Tamerlan Ouvertüre") untermalte, hatten es sich die Besucher auf
den vielen persischen Teppichen gemütlich gemacht. Sie nippten an
ihrem Tee oder Kaffee und lauschten gespannt. Ein Mal im Jahr lädt
der Interkulturelle Gesprächskreis "Contact" ins Teppichhaus
Farzian ein.
Morgenländisches Flair trifft dann auf ebensolche Geschichten. Und
am Samstag berichtete die Schriftstellerin über das Thema "Der
Orient im Spiegel deutscher Literatur", wobei sie die
morgenländische Kultur vor allem aus europäischer Sicht
darstellte. Weit holte die Referentin aus, um die Höhen und Tiefen
der orientalischen Kultur darzulegen, um die Zeiten gegenseitiger
Annäherung und Ablehnung zu erörtern: Denn galt der Orient im
frühen Mittelalter als Wiege der Kultur, so wurde der Orientale im
Zeitalter der Aufklärung als "kindlich, naiv,
rückständig oder faul" bezeichnet.
Und dennoch übte die morgenländische Kultur eine Faszination
auf die deutschen Literaten aus, und das obwohl nur wenige deutsche
Schriftsteller den Orient tatsächlich bereist hätten: "In
ihrer Fantasie entfaltet sich das Morgenland als ideale, edlere Welt
und wird zum Land der Sehnsucht", schilderte Berlinghof. Karl der
Große beispielsweise habe freundschaftliche Beziehungen zum
König Harun von Persien gepflegt, denn "die damals überlegene
Hochkultur hatte ihren Sitz in Bagdad – Europa war dagegen Dritte
Welt", resümierte die Verlegerin.
Humanität
Der Philosoph und Dichter Johann Gottfried Herder (1744-1802) befand
beispielsweise in seinem Werk "Briefe zur Beförderung der
Humanität", dass Europa den Arabern kulturell viel zu verdanken
habe. Doch trotzdem fühlten sich die Christen des Mittelalters
außerstande die arabische Kultur anzuerkennen: Die Zeit der
Kreuzzüge begann. Wolfram von Eschenbach thematisierte die
kulturelle Auseinandersetzung in seinem epischen Werk "Parzival", in
welchem der Ritter Parzival unwissentlich gegen seinen orientalischen
Halbbruder Feirefiz kämpft – doch mit versöhnlichem Ausgang.
Und der Dichter Lessing (1729-1781), der wegen seiner kritischen
Ansichten über die Auslegung der biblischen Texte, ein
Publikationsverbot für das Gebiet der Religion erteilt bekam,
ließ in seinem Werk "Nathan der Weise" Vertreter der drei
monotheistischen Religionen zu Worte kommen. Die Geschichte findet mit
der Ringparabel, der Toleranzidee, ein friedliches Ende und lässt
die Frage offen, welche der Religionen nun die "richtige" sei.
Doch noch weitere Deutsche befassten sich mit Literatur und Kultur des
Morgenlandes: Inspirierten Goethe die Märchen aus "1001 Nacht" und
die Übersetzung des "Hafis’schen Diwan" zu seinem Werk
"Westöstlicher Diwan", das jedoch wenig Zuspruch fand, so habe
sich Heine, in einem Brief, sogar dazu hinreißen lassen sich
selbst als Perser zu bezeichnen: "Ich bin stolz darauf, ein Perser zu
sein", schreibt er. Aber auch Literaten wie Wilhelm Hauff, Gottfried
Keller oder Hugo von Hoffmannsthal haben sich literarisch mit der Welt
des Orients auseinander gesetzt.
Artikel
vom
10. Mai 2011, 03.24 Uhr (letzte Änderung 10. Mai 2011, 05.03
Uhr)
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