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Kelkheimer
Autoren*) laden ein zu
literarischen
Begegnungen auf dem Ost-West-Sofa
Die
sechste Lesung mit dem Thema
"Ostgeschichten"
Bericht des Kelkheimer Boten vom
12. April 2003

OSTGESCHICHTEN" – eine
deutsch -deutsche Geschichtsstunde auf dem Ost-West-Sofa
KELKHEIM. Sechs Veranstaltungen begründen schon fast
eine Tradition. Zumindest könnte es eine werden für die literarisch
interessierte Stadt Kelkheim.
Die Rede ist von den literarischen Begegnungen auf dem
Ost-West-Sofa, zu denen die Kelkheimer Autoren Regina Berlinghof, Uta Franck
und Paul Pfeffer nun schon seit auf über zwei Jahren eingeladen und
die mit freundlicher Unterstützung der Volksbank Main-Taunus vom Kulturreferat
der Stadt Kelkheim veranstaltet werden.
Am Sonntag, dem 23 Februar, hatte Paul Pfeffer die Magdeburger
Autorin Elisabeth Graul zu Gast. Der Kulturbahnhof war bis auf den letzten
Platz besetzt. Den Anfang der „Ostgeschichten“ machte Paul Pfeffer (Jahrgang
1948) mit einem kurzen Text über seine typische Wessi-Erfahrungen.
Mit teilweise ironischer Distanz beschrieb er sein Verhältnis
zum Osten. Der Klage seiner Großmutter „Wir haben den Osten verloren“;
setzte er entgegen: „Der Osten bleibt ein Wort... bis ich hinfahre.“ Elisabeth
Graul (Jahrgang 1928) las aus ihrem autobiographischen Werk „Die Farce“,
in dem sie ihre Haftzeit im Frauengefängnis Hoheneck beschreibt.
Sie schloss sich 1950 in jugendlichem Idealismus einer
Widerstandsgruppe an, wurde 1951 verhaftet und zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt,
die auf 10 Jahre reduziert wurden. Sie durchlebte und durchlitt diese Jahre,
ohne sich zerstören zu lassen. Ihre Maxime: „Es ist nicht entscheidend,
was man erlebt, sondern wie man es erlebt...“
Sie ist Zeitzeugin einer Vergangenheit, die wir heute
als „Kalten Krieg“ kennen. Ihre Erfahrungen mit der Justiz der damals noch
jungen DDR reflektieren eine Zeit in der deutschen Geschichte, an die wir
uns erinnern lassen sollten, auch nach über einem Jahrzehnt deutscher
Einheit.
Elisabeth Graul sprach das Publikum auf eine sehr eindrückliche
Weise an. „Die Farce“ ist ein fesselnder Bericht über den Alltag einer
politischen Gefangenen in der ehemaligen DDR. Aber jenseits aller politischen
Hintergründe ist es im Kern ein sehr menschliches Buch. Lebensmut
und ein starker Wille sprechen daraus: Zeugnisse für die Fähigkeit
eines Menschen, auch unter widrigen Verhältnissen seinen Wesenskern
nicht zu verlieren. An die Lesung schloß sich ein Gespräch an,
das vom Publikum sehr engagiert geführt wurde und bei dem Elisabeth
Graul noch einmal ihre Botschaft vermittelte: Hass ist keine Lösung.

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