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Wenn
der eiskalte Nordatlantik-Wind von der Packeisgrenze herüber die Dänemarkstraße
in Islands frühere Vulkane reinfegt, wenn bei knapp vier Grad in dieser
eisigen Norddrift ranke und schlanke Italienerinnen Handschuhe über
die feinen Fingerchen streifen, dann muss man sich einfach an die Literatur
im Urlaubsgepäck erinnern, bei deren Lektüre einem wieder richtig
warm ums Herz wird. Weniger der Italienerinnen wegen, sondern als „Aufwärmer“.
Regina Berlingshofs neues
Buch, eingebunden in rosarotem Cover, verziert mit einem blauen und einen
roten Herz an einer Polizei-Handschelle auf dem Titel, dieses Buch entführt
den Leser blitzschnell (geistig natürlich nur gesehen) vom Island-Gletscher
in Arizonas Death Valley mit seinen 40, 50 Grad, mit einem Wirbel von Fantasie,
Liebe, etwas Sex, Selbstironie, Selbstkritik – zu lesen in einem Rutsch
– man muss nur Spaß an manchmal etwas verquerten
Gedanken haben.
Regina Berlinghof, seit
Jahren in Kelkheim angesiedelt, inzwischen voll im Kelkheimer Kulturbetrieb
verankert, ist Verlegerin. Hat dieses Buch „Schrödingers Katharina
oder Liebe am anderen Ende der Welt“ in ihrem YinYang Media Verlag herausgebracht,
nachdem sie „Mirjam“ geschrieben hatte und vorher schon das Buch „Würste,
Liebe und Computer“ im eigenen Haus verlegte.
Nun muss man wissen, dass
die Verlegerin und Schriftstellerin vor einiger Zeit in Los Angeles einen
Camper auf die Straße brachte und über Wochen durch Arizona
tourte, im Death Valley schwitzte, in Las Vegas Dollar-Luft schnupperte,
um sich dann nachts unter dem klaren Sternenhimmel auf der blanken Erde
in den Schlafsack zu rollen, um den Blick in die Glitzerwelt hochdroben
in den nächtlichen Arizona-Himmel zu richten.
Kam ihr da die Idee, einfach
mal einen Verleger zu entführen, ihn zwischen den roten Felsen des
Südwestens festzuhalten, „weich zu kochen“, bis er sich ihres neuesten
Buches annahm? Wollte der Mann aus der Etage der arrivierten 68er ihr Buch
nicht verlegen? Hatte sie nur schlechte Erfahrungen mit überheblichen
Lektoren und Verlegern gemacht? Sie wird es sicherlich ihrem Publikum beantworten,
wenn sie aus ihrem neuen Buch liest.
Selbstkritik und Selbstironie
blitzen immer wieder auf, auch wenn sie die Romantik in die Hitze holt
oder gar von der Quantentheorie spricht, von der kaum jemand eine Ahnung
hat, für die sie aber literarisch gesehen eine Lanze bricht. „Mathematik
und Physik liegen mir eben“.
Aber nicht nur das. Verblüffend
die Einzelheiten, mit denen sie die Wüste beschreibt. Da kann man
als Leser so manches Mal die roten Sandsteinfelsen gesehen haben, auch
vielleicht die eine oder andere Eidechse und den verdorrten Wüstenstrauch
– Regina Berlinghof serviert dem Leser noch ganz andere Einzelheiten. Und
zwar in einer Handlung verpackt, die einen Schmunzeln lässt, denn
man muss schon mit einiger Fantasie auf die Idee kommen, einen Verleger
in Los Angeles (oder wo auch) zu kidnappen, ihn in die Wüste zu verschleppen
und das Ganze dann wieder mit gedanklich gegensätzlichen Dialogen
aufzudröseln. Wie, sei hier nicht verraten.
Sie will die finanzielle
Freiheit Bücher zu schreiben, er möchte wieder die Freiheit haben
aus der Wüste heraus zu kommen, Bücher zu verlegen, auch über
den Umweg mystischer Gestalten, die Regina Berlinghof vorbeiziehen lässt.
Als wir mit der Idee auftauchten,
sie mit echten Handschellen zu fotografieren, zuckte sie zwar nicht richtig
zurück, aber sie fragte doch besorgt, ob es denn zu den Handschellen
auch einen Schlüssel gibt. Schließlich kann sich Fantasie auch
mal vergaloppieren in der Wüste – und auch in Kelkheim. Als sie sicher
war – immer noch den gekidnapten Verleger im „Hinterkopf“, kam das strahlende
Lachen auf unserem Foto, garniert auch hier mit einem gehörigen Schuss
Selbstironie.
(Regina Berlinghof: „Schrödingers
Katharina oder Liebe am anderen Ende der Welt“. YinYang Media Verlag, ISBN
3-935727-08-9.)
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Foto:
Peter Hillebrecht, Kelkheimer Zeitung
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