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Dies ist der Text der Myliris-Rezension vom 10.12.2003. Gestaltung und Layout sind nachempfunden, aber nicht identisch.
Die Originalseite: 
Original-Rezension bei Myliris.de  (MYLIRIS - Seminare und Beratung) existiert nicht mehr auf dem Homeserver

 

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Regina Berlinghof: Schrödingers Katharina oder Liebe am anderen Ende der Welt

 

Stichwörter: Berlinghof, Katharina, spannend, Unterhaltung, Erotik, Liebe, Gefühle, Frau, Mann, Materialismus, Spiritualität, Witz, Frustration, Befriedigung, Mathematik, Quantenphysik, Linearität, Zirkularität, Yin, Yang, Sinn, Inspiration, Aphorismen, Fantasie

 

 

 

Und es gibt sie doch, die eierlegende Wollmilchsau! Spannende, zugleich sehr vergnügliche Unterhaltung auf  hohem Niveau, ehrliche Erotik, intelligente Liebe, fruchtbare Auseinandersetzungen zwischen Frau und Mann,  Tauziehen zwischen Materialismus und Spiritualität, erstklassige philosophische Diskurse,  quantenphysikalische Höhenflüge, Trauer, Wut, Verzweiflung, Frustration, Resignation, glückliche Ekstase,  Grenzerfahrungen, Witz, Erfüllung, tiefe Zufriedenheit, alles in einem einzigen Roman. Lassen Sie sich von  Schrödingers Katharina bezaubern!

 

Regina Berlinghof

 

Wie immer war das Gedränge in den Gängen der Frankfurter Buchmesse groß. Hier ein Event, da eine Lesung, dort wird gerade  ein prominenter Politiker vor laufenden Kameras interviewt - und mittendrin bemühen wir uns um Gelassenheit angesichts unseres  geplanten Tagespensums.

 

Die Menge schiebt uns weg von der großen Verlagsgruppe, die wir eigentlich angepeilt hatten. Plötzlich stehen wir vor einer  winzigen Messekoje, so völlig anders als der große, professionell durchgestylte Präsentationspavillion gegenüber. Doch welch  eine Ausstrahlung! Auf 2 x 2 m entfaltet sich sinnliche Heiterkeit. Ein Tischchen mit Rosen am Gang, orientalische Miniaturen als  Titelbilder. Das warme Lächeln einer kleinen Frau mit beeindruckendem Blick lädt zum Innehalten und Ausruhen ein.

 

Hafis, Sa'di, Omar Khayam und weitere orientalische sowie fernöstliche Dichter werden hier verlegt. Da diese Lyrik zu den  Inspirationsquellen des MYLIRIS-Konzeptes (Balance) gehört, bestellen wir Rezensionsexemplare der angekündigten  Neuerscheinung. Genießen die sehr nette, erholsame Unterhaltung mit der Verlegerin und nehmen gerne weitere Prospekte  dieses Verlages mit. Entdecken darin später:

 

Schrödingers Katharina   
oder Liebe am anderen Ende der Welt

 

Ein spannender Roman um Liebe, Literatur, Entführung und Quantenphysik

 

Was macht eine Schriftstellerin, die nicht dazu kommt, ihren neuen Roman über Liebe, Erkenntnis und Quantenphysik zu  schreiben, weil ihr entweder das Geld oder die nötige Muße dazu fehlen? Katharina Jukulli entführt den geliebten Verleger, der  von ihren unsterblichen Werken nichts wissen will, in die Wüste Nevadas und teilt dies den Medien mit. Damit winken ihr ein  gefülltes Konto oder das Gefängnis, - jedenfalls alle Ruhe zum Schreiben.

 

Auf einer verlassenen Ranch in der Wüste sitzen sich Entführerin und ihr gefesseltes Opfer Ulrich Kirdorf gegenüber. Sie ringen  mit allen Tricks um ihre Freiheit: Ulrich sinnt auf Ausbruch, Katharina auf die Befreiung zum Schreiben. In Tagebuchkladden  halten sie ihre wahren Gedanken und Gefühle fest. Sie erleben die merkwürdigsten quanten-physikalischen Phänomene und  begegnen Lao Tse, Albert Einstein, Scheherazade, einem Drachen und anderen außergewöhnlichen Gestalten.

 

 Klingt gut. Mal sehen, ob es zur Rezension taugt ...

 

 VOLLTREFFER!

 

 Einen so lustigen und zugleich faszinierenden Roman haben wir lange nicht mehr gelesen - überhaupt jemals?

 

Schon ein ungewöhnlicher Anfang. Dort, wo sich vorn im Buch normalerweise Angaben zum Inhalt und zur Autorin finden, dieser  Text:

 

In diesem Roman können sich Hunderte von Verlegern wiedererkennen. Dies geschieht mit Absicht. Sollten die geschätzten  Leser/innen weitere Exemplare dieser Spezies identifizieren, um so besser. Denn es hat sich in Wirklichkeit alles genau so  abgespielt, wie im Roman geschildert. Mit jedem Einzelnen. Und sollten sich auch Verlegerinnen beschrieben finden, will ich nicht  kleinlich oder gar minderheitenunfreundlich sein. Schließlich bin ich für Emanzipation. Jede Übereinstimmung mit der  Wirklichkeit ist beabsichtigt und erwünscht. Denn alles hängt zusammen. Dafür übernimmt die Verfasserin die ganze  Verantwortung. Sollte sich ein Verleger nicht wiederfinden, ist das sein Problem, nicht meines. SchriftstellerInnen sind auch nur  Menschen. VerlegerInnen vermutlich auch.

 

Gestatten, Regina Berlinghof, die kleine Frau mit dem warmen Lächeln und dem beeindruckenden Blick, die wir auf der Messe  kennen gelernt hatten.

 

Vor unseren lesenden Augen entfaltet diese verlegende Schriftstellerin in Schrödingers Katharina ein einzigartiges Kaleidoskop  aus körperlichen, emotionalen, geistigen und seelischen Erfahrungen und Erkenntnissen!

 

Mit Ulrich und Katharina stehen sich zwei Welten gegenüber.

 

Hier der gestresste Geschäftsmann, der sich für einen Realisten hält und doch nur im Materialismus watet; dessen  Sicherheitsempfinden abhängt von der Illusion, alles kontrollieren zu können, ob Geschäfte, Frauen oder die eigenen Gefühle; der  sich unbewusst nach erfüllender Liebe sehnt; dessen Verhaltensmuster für Linearität und den männlichen Pol im Leben stehen.

 

Dort die hoch emotionale Schriftstellerin, deren Gefühle sie zu extremen Methoden treiben; die versucht, eine reichliche Portion an  Verbitterung und Frustration über Männer, sich selbst und den Beruf zu verdauen; die sich auf der Suche nach Lösungen  vorurteilslos zwischen Spiritualität und Wissenschaft bewegt; deren Verhaltensmuster für Zirkularität und den weiblichen Pol im  Leben stehen.

 

Indem Berlinghof ihre Protagonisten selbst zu Wort kommen lässt (das Buch besteht aus ihren Tagebucheinträgen), gelingt ihr ein  bestrickendes Wechselspiel: Die Leser/innen finden sich mal in Ulrich, mal in Katharina wieder. Beide bieten  Identifikationsmöglichkeiten, beide beschreiben Situationen, die jeder erlebt haben kann, gleich ob Frau oder Mann. So wird aus  Ulrichs und Katharinas äußerem Geschlechterkampf die innere Auseinandersetzung in der Leserin bzw. dem Leser, weibliche  versus männliche Anteile, Anima versus Animus, Yin versus Yang.

 

Berlinghof lässt die Leser/innen jedoch nicht allein in diesem Kampf. Da tauchen Weise, Fabelwesen und Wissenschaftler auf,  deren unterschiedliche Herangehensweise an die gleichen Phänomene den Facettenreichtum menschlicher Wahrnehmung und  Einsichten verdeutlichen. Den Leser/innen wird eine berauschende Fülle an Wissen und Weisheit geboten, man fühlt sich im  Schlaraffenland für Körper, Geist und Seele!

 

Für den Körper gibt es Erotik pur, unaufgeregte Triebhaftigkeit ohne Peinlichkeit. Dabei arbeitet Berlinghof geschickt den  Unterschied zwischen lieblosem, dadurch unbefriedigendem Sex und erfüllender, weil der Liebe entspringender Sexualität heraus.

 

Den Geist entzückt die Autorin mit Exkursen in Wahrnehmungspsychologie, Mathematik und Quantenphysik, die höchste  Ansprüche an das logische Denkvermögen stellen. Doch keine Angst - bevor diese Passagen für wissenschaftlich Unbeleckte zur  Qual werden könnten, löst sie diese Darlegungen ins Märchenhafte auf - und leitet so über zu den Töpfen voll Manna für die

 

Seele. Berlinghof gelingt es in diesem Buch, über die Darstellung körperlicher Erfahrungen und wissenschaftlicher Erkenntnisse  einen Weg zum Verständnis spiritueller Phänomene zu zeigen. So manches, das die Leser/innen vielleicht bis dahin  unterschwellig gespürt oder erahnt haben, wird hier auf die Ebene des Bewusstseins gehoben. Plötzlich ergeben die Teile des  Puzzles, das wir Leben nennen, ein harmonisches, SINNvolles Bild.

 

Ulrich und Katharina durchlaufen Metamorphosen ihrer inneren Entwicklung; man spürt die Einladung, ihnen zu folgen. Ihre  komplizierte, konfliktüberladene Liebesgeschichte zu lesen macht glücklich, durch den sichtbaren inneren Fortschritt der beiden.

 

Dass dieses Entwicklungs- und Balance-Festival nicht zum anstrengenden Psychomarathon wird, verhindern die äußerst  erheiternden Spitzen, die Ulrich und Katharina gelegentlich in ihre Bemerkungen einstreuen. Außerdem ist die Handlung  spannend. Man will wissen, welches Ende diese absurde Entführungsgeschichte nimmt. So viel sei verraten: Es ist überraschend  und verleitet zum Weiterdenken - sehr anregend!

 

Man kann dieses Buch übrigens nicht nur als begeisternde Unterhaltungsliteratur oder überreich sprudelnde Inspirationsquelle  nutzen. Es bietet auch einen großen Schatz an Aphorismen, witzige, geistreiche oder mystische, z. B.:

 

"Ich glaube, erst am Grill findet der Mann seine Erfüllung. Was sind Sex, Liebe, Macht und Erfolg, wenn Mann Feuer anfachen  und es immer wieder liebevoll anpusten kann."

 

"Wozu denn Angst vor Schwarzen Löchern? Sie sind das Tor zu anderen Welten!"

 

"Die Quelle von Raum und Zeit ist die Liebe."

 

Schrödingers Katharina - ein Spitzentitel für beziehungsfrustrierte Singles ebenso wie Frisch- oder Altverliebte, hervorragende  Bildungslektüre in höchst vergnüglichem Gewand, ein modernes Märchen voller kostbarer Fantasie-Kleinodien - Prädikat  *WERTVOLL*!

 

Kerstin Nordt & Elena Maroufi

 

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