Text Kostprobe aus: 
Regina Berlinghof: Schrödingers Katharina oder Liebe am anderen Ende der Welt
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Thema Quantenphysik: Zum Doppelspaltversuch - gekürzter Auszug ab S. 195
 © YinYang Media Verlag, Kelkheim, ISBN 3-935727-08-9

(aus Katharinas Tagebuch:)
„Bitte laß uns auf deinem Rücken noch einmal fliegen und bring uns zu einem Slot-Canyon!“
Wir stiegen wieder auf, und ab ging der Flug nach Osten Richtung Canyonland. Unser Drachen brauchte kaum mit den Flügeln zu schlagen. Er schien auf dem Richtstrahl meines Gedankens zu segeln. 
[...]
 Zu unseren Füßen öffnete sich plötzlich die Erde zu einem tiefen Spalt, der nach unten immer schmaler wurde. Am Boden gingen oder krabbelten zwei Menschen. Der Pfad war so schmal, daß nur eine Person zwischen den Felswänden hindurchpaßte. Manchmal bekamen sie nicht einmal die Füße auf den Grund und mußten sie abwechselnd schräg gegen die linke und rechte Felswand setzen – oder auf dem Hosenboden zur nächstbreiteren Senke rutschen. Nur an wenigen Stellen öffneten sich die Wände zu halbrunden Räume, Hallen, die sich gleich darauf wieder zu schmalen Gängen verengten. Quasi nur Halte- und Umsteigestationen wie bei einer eingleisigen Eisenbahnstrecke. 
„Kannst du dich ein bißchen kleiner machen und mich quer durch die Schlucht tragen?“ bat ich Toby, den Drachen. So hatte ihn Ulrich mittlerweile getauft. Toby lachte nur, dann schrumpfte und schrumpelte er, bis er nur noch so groß wie ein Pferd war, ein Pegasus mit Flügeln und Schwingen. Irgendwie gelang es mir, mich quer über seinen Rücken zu legen, dann tauchten wir in die Tiefe und blieben stecken, weil selbst meine zwergenhafte Körperlänge nicht quer durch die Schlucht paßte. Höchstens durch die wenigen Hallenräume. Aber als er mich absetzte, konnte ich ohne Probleme aufrecht gehend die Schlucht entlanggehen oder rutschen. 
Ulrich schaute uns eine Weile von oben zu. Dann gab er durch ein Zeichen verstehen, daß er herunterkommen und mit mir durch die Schlucht gehen wollte. LilithAsraelLaoTse-Drachen trug ihn hinunter und begleitete uns dann von der Höhe aus auf dem Weg zum Ende der Schlucht. 
[...]
Schneller als gedacht, erreichten wir den Eingang der kleinen Schlucht, wo gestern die Polizeiautos gestanden hatten. „Die haben geglaubt, sie könnten meiner Entführerin den Weg versperren! Die haben nicht damit gerechnet, daß du mit Drachen im Bunde bist, um über alle Hürden hinwegzufliegen!“ Ulrich lachte noch, als Toby uns sicher vor dem Haus absetzte und sich mit einem kräftigen Wink seiner Schwingen von uns verabschiedete und sich in die Lüfte schwang. [...]
„Verstehst du jetzt, was ich mit dem Doppelspaltversuch gemeint hatte?“ Ulrich schaute mich verständnislos an. „Die Flächenweltler könnten die Schlitze für das Licht so schmal machen, daß nur ein Photon passieren kann. Aber die Breite ist für Photonen berechnet, die in der Ebene der Flächenwelt schwingen. Was die Flächenweltler nicht berücksichtigen, ist, daß das Licht auch senkrecht zur Flächenwelt schwingt. Unseren Wissenschaftlern geht es wie den Cops gestern: Die Polizisten haben nur unsere Bewegungen in der Fläche abgesperrt, aber nicht den Raum darüber oder darunter. Die Wissenschaftler können den Raum verengen, daß nur ein Photon hindurchpaßt - aber sie können nicht die vierte Dimension absperren. Sie haben nicht bedacht, daß die Photonen und Elektronen senkrecht zur Raumwelt schwingen. Die Photonen passieren die Schlitze als Welle der vierten Dimension. Sie springen wie Achill über die Schildkröte hinweg!
Wir hätten gar nicht so weit zu den Slot-Canyons fliegen müssen. Aber du hast es ja selbst erlebt: Als wir aufrecht gingen, konnten wir ungehindert durch die Schlucht wandern. Aber querliegend auf Toby paßte ich nicht hindurch. Und dich Riesen hätte man dreimal falten müssen, damit du im Querformat durchzupaßt.“
„Mit anderen Worten: Ein Hindernis ist nur dann ein Hindernis, wenn man erstens daran denkt, alle Bewegungsrichtungen abzudichten und zweitens über die nötigen Mittel dazu verfügt! Aber Flächenweltler können keine Mauern in die Höhe oder Tiefe bauen. Und wir Dreidimensionale haben keine Möglichkeit, Schranken gegen die vierte oder höhere Dimensionen zu errichten. – Das ist die Antwort auf die Frage, die seit Jahrzehnten die Physiker bewegt. Du hast das Rätsel gelöst, Katharina!“
 

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Regina Berlinghofs Roman "Schrödingers Katharina oder Liebe am anderen Ende der Welt" ist soeben erschienen.
ISBN 3-935727-08-9, br. 258 S. Euro 14,00

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Stand: Mai 2003