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[...]
Bösen Felsweg auf und nieder
Trösten, Hafis, deine Lieder,
Wenn der Führer mit Entzücken
Von des Maultiers hohem Rücken
Singt, die Sterne zu erwecken
Und die Räuber zu erschrecken.
Will in Bädern
und in Schenken,
Heilger Hafis, dein gedenken,
Wenn den Schleier Liebchen lüftet,
Schüttelnd Ambralocken düftet.
Ja, des Dichters Liebesflüstern
Mache selbst die Huris lüstern.
Wolltet ihr ihm
dies beneiden
Oder etwa gar verleiden,
Wisset nur, daß Dichterworte
Um des Paradieses Pforte
Immer leise klopfend schweben,
Sich erbittend ewges Leben.
Erschaffen
und Beleben
Hans Adam war
ein Erdenkloß,
Den Gott zum Menschen machte,
Doch bracht' er aus der Mutter Schoß
Noch vieles Ungeschlachte.
Die Elohim zur
Nas' hinein
Den besten Geist ihm bliesen,
Nun schien er schon was mehr zu sein
Denn er fing an zu niesen.
Doch mit Gebein
und Glied und Kopf
Blieb er ein halber Klumpen,
Bis endlich Noah für den Tropf
Das Wahre fand – den Humpen.
Der Klumpe fühlt
sogleich den Schwung,
Sobald er sich benetzet,
So wie der Teig durch Säuerung
Sich in Bewegung setzet.
So, Hafis,
mag dein holder Sang,
Dein heiliges Exempel
Uns führen bei der Gläser Klang
Zu unsres Schöpfers Tempel.
All-Leben
Staub ist eins
der Elemente,
Das du gar geschickt bezwingest,
Hafis,
wenn zu Liebchens Ehren
Du ein zierlich Liedchen singest.
Denn der Staub
auf ihrer Schwelle
Ist dem Teppich vorzuziehen,
Dessen goldgewirkte Blumen
Mahmuds Günstlinge beknieen.
Treibt der Wind
von ihrer Pforte
Wolken Staubs behend vorüber,
Mehr als Moschus sind die Düfte
Und als Rosenöl dir lieber.
Staub, den hab
ich längst entbehret
In dem stets umhüllten Norden,
Aber in dem heißen Süden
Ist er mir genugsam worden.
Doch schon
längst, daß liebe Pforten
Mir auf ihren Angeln schwiegen!
Heile mich, Gewitterregen,
Laß mich, daß es grunelt, riechen!
Wenn jetzt alle
Donner rollen
Und der ganze Himmel leuchtet,
Wird der wilde Staub des Windes
Nach dem Boden hingefeuchtet.
Und sogleich
entspring ein Leben,
Schwillt ein heilig heimlich Wirken,
Und es grunelt und es grünet
In den irdischen Bezirken.
Hafis Nameh:
Buch Hafis
Beiname
Dichter
Mohammed
Schemseddin, sage,
Warum hat dein Volk, das hehre,
Hafis
dich genannt?
Hafis
Ich ehre,
Ich erwidre deine Frage.
Weil in glücklichem Gedächtnis
Des Korans geweiht Vermächtnis
Unverändert ich verwahre,
Und damit so fromm gebare,
Des gemeinen Tages Schlechtnis
Weder mich noch die berühret,
Die Propheten-Wort und Samen
Schätzen, wie es sich gebühret –
Darum gab man mir den Namen.
Dichter
Hafis,
drum, so will mir scheinen,
Möcht ich dir nicht gerne weichen:
Denn, wenn wir wie andre meinen,
Werden wir den andern gleichen.
Und so gleich ich dir vollkommen,
Der ich unsrer heil'gen Bücher
Herrlich Bild an mich genommen,
Wie auf jenes Tuch der Tücher
Sich des Herren Bildnis drückte,
Mich in stiller Brust erquickte
Trotz Verneinung, Hindrung, Raubens
Mit dem heitern Bild des Glaubens.
Anklage
Wißt ihr denn,
auf wen die Teufel lauern
In der Wüste, zwischen Fels und Mauern?
Und wie sie den Augenblick erpassen,
Nach der Hölle sie entführend fassen?
Lügner sind es und der Bösewicht,
Der Poete, warum scheut er nicht,
Sich mit solchen Leuten einzulassen!
Weiß denn der,
mit wem er geht und wandelt,
Er, der immer nur im Wahnsinn handelt?
Grenzenlos, von eigensinnigem Lieben,
Wird er in die Öde fortgetrieben,
Seiner Klagen Reim', in Sand geschrieben,
Sind vom Winde gleich verjagt;
Er versteht nicht, was er sagt,
Was er sagt, wird er nicht halten.
Doch sein Lied,
man läßt es immer walten,
Da es doch dem Koran widerspricht.
Lehret nun, ihr des Gesetzes Kenner,
Weisheit-fromme, hochgelahrte Männer,
Treuer Mosleminen feste Pflicht.
Hafis
insbesondre schaffet Ärgernisse,
Mirza sprengt den Geist ins Ungewisse:
Saget, was man tun und lassen müsse!
Fetwa
Hafis'
Dichterzüge, sie bezeichnen
Ausgemachte Wahrheit unauslöschlich;
Aber hie und da auch Kleinigkeiten
Außerhalb der Grenze des Gesetzes.
Willst du sicher gehn, so mußt du wissen
Schlangengift und Theriah zu sondern –
Doch der reinen Wollust edler Handlung
Sich mit frohem Mut zu überlassen
Und vor solcher, der nur ew'ge Pein folgt,
Mit besonnenem Sinn sich zu verwahren,
Ist gewiß das Beste, um nicht zu fehlen.
Dieses schrieb der arme Ebusuud,
Gott verzeih' ihm seine Sünden alle!
Der Deutsche
dankt
Heilger Ebusuud,
hast's getroffen!
Solche Heil'ge wünschet sich der Dichter:
Denn gerade jene Kleinigkeiten
Außerhalb der Grenze des Gesetzes
Sind das Erbteil, wo er übermütig,
Selbst im Kummer lustig, sich beweget.
Schlangengift und Theriak muß
Ihm das eine wie das andre scheinen.
Töten wird nicht jenes, dies nicht heilen:
Denn das wahre Leben ist des Handelns
Ewge Unschuld, die sich so erweiset,
Daß sie niemand schadet als sich selber.
Und so kann der alte Dichter hoffen,
Daß die Huris ihn im Paradiese
Als verklärten Jüngling wohl empfangen.
Heiliger Ebusuud, hast's getroffen!
Fetwa
Der Mufti las
des Misri Gedichte,
Eins nach dem andern, alle zusammen,
Und wohlbedächtig warf sie in die Flammen.
Das schöngeschriebne Buch, es ging zunichte.
»Verbrannt sei jeder«, sprach der hohe Richter,
»Wer spricht und glaubt wie Misri – er allein
Sei ausgenommen von des Feuers Pein:
Denn Allah gab die Gabe jedem Dichter.
Mißbraucht er sie im Wandel seiner Sünden,
So seh er zu, mit Gott sich abzufinden.«
Unbegrenzt
Daß du nicht
enden kannst, das macht dich groß,
Und daß du nie beginnst, das ist dein Los.
Dein Lied ist drehend wie das Sterngewölbe,
Anfang und Ende immerfort dasselbe,
Und, was die Mitte bringt, ist offenbar
Das, was zu Ende bleibt und Anfangs war.
Du bist der
Freuden echte Dichterquelle
Und ungezählt entfließt dir Well' auf Welle.
Zum Küssen stets bereiter Mund,
Ein Brustgesang, der lieblich fließet,
Zum Trinken stets gereizter Schlund,
Ein gutes Herz, das sich ergießet.
Und mag die
ganze Welt versinken,
Hafis
mit dir, mit dir allein
Will ich wetteifern! Lust und Pein
Sei uns, den Zwillingen, gemein!
Wie du zu lieben und zu trinken,
Das soll mein Stolz, mein Leben sein.
Nun töne Lied
mit eignem Feuer!
Denn du bist älter, du bist neuer.
Nachbildung
In deine Reimart
hoff ich mich zu finden,
Das Wiederholen soll mir auch gefallen,
Erst werd ich Sinn, sodann auch Worte finden;
Zum zweitenmal soll mir kein Klang erschallen,
Er müßte denn besondern Sinn begründen,
Wie du's vermagst, Begünstigter vor allen!
Denn wie ein Funke fähig, zu entzünden
Die Kaiserstadt, wenn Flammen grimmig wallen,
Sich winderzeugend glühn von eignen Winden,
Er, schon erloschen, schwand zu Sternenhallen:
So schlang's von dir sich fort mit ew'gen Gluten,
Ein deutsches Herz von frischem zu ermuten.
*
Zugemeßne Rhythmen reizen freilich,
Das Talent erfreut sich wohl darin,
Doch wie schnelle widern sie abscheulich,
Hohle Masken ohne Blut und Sinn.
Selbst der Geist erscheint sich nicht erfreulich,
Wenn er nicht, auf neue Form bedacht,
Jener toten Form ein Ende macht.
Offenbar
Geheimnis
Sie haben dich,
heiliger Hafis,
Die mystische Zunge genannt
Und haben, die Wortgelehrten,
Den Wert des Worts nicht erkannt.
Mystisch heißest
du ihnen,
Weil sie Närrisches bei dir denken
Und ihren unlautern Wein
In deinem Namen verschenken.
Du aber bist
mystisch rein,
Weil sie dich nicht verstehn,
Der du, ohne fromm zu sein, selig bist!
Das wollen sie dir nicht zugestehn.
Wink
Und doch haben
sie recht, die ich schelte:
Denn, daß ein Wort nicht einfach gelte,
Das müßte sich wohl von selbst verstehn.
Das Wort ist ein Fächer! Zwischen den Stäben
Blicken ein paar schöne Augen hervor,
Der Fächer ist nur ein lieblicher Flor,
Er verdeckt mir zwar das Gesicht,
Aber das Mädchen verbirgt er nicht,
Weil das Schönste, was sie besitzt,
Das Auge, mir ins Auge blitzt.
An Hafis
Was alle wollen,
weißt du schon
Und hast es wohl verstanden:
Denn Sehnsucht hält, von Staub zu Thron
Uns all in strengen Banden.
Es tut so weh,
so wohl hernach,
Wer sträubte sich dagegen?
Und wenn den Hals der eine brach,
Der andre bleibt verwegen.
Verzeihe,
Meister, wie du weißt,
Daß ich mich oft vermesse,
Wenn sie das Auge nach sich reißt,
Die wandelnde Cypresse.
Wie Wurzelfasern
schleicht ihr Fuß
Und buhlet mit dem Boden,
Wie leicht Gewölk verschmilzt ihr Gruß,
Wie Ost-Gekos' ihr Oden.
Das alles drängt
uns ahndevoll,
Wo Lock an Locke kräuselt,
In brauner Fülle ringelnd schwoll,
Sodann im Winde säuselt.
Nun öffnet sich
die Stirne klar,
Dein Herz damit zu glätten,
Vernimmst ein Lied so froh und wahr,
Den Geist darin zu betten.
Und wenn die
Lippen sich dabei
Aufs niedlichste bewegen,
Sie machen dich auf einmal frei,
In Fesseln dich zu legen.
Der Atem will
nicht mehr zurück,
Die Seel zur Seele fliehend,
Gerüche winden sich durchs Glück
Unsichtbar wolkig ziehend.
Doch wenn es
allgewaltig brennt,
Dann greifst du nach der Schale:
Der Schenke läuft, der Schenke kömmt
Zum erst- und zweiten Male.
Sein Auge
blitzt, sein Herz erbebt,
Er hofft auf deine Lehren,
Dich, wenn der Wein den Geist erhebt,
Im höchsten Sinn zu hören.
Ihm öffnet sich
der Welten Raum,
Im Innern Heil und Orden,
Es schwillt die Brust, es bräunt der Flaum,
Er ist ein Jüngling worden.
Und wenn dir
kein Geheimnis blieb,
Was Herz und Welt enthalte,
Dem Denker winkst du treu und lieb,
Daß sich der Sinn entfalte.
Auch daß vom
Throne Fürstenhort
Sich nicht für uns verliere.
Gibst du dem Schah ein gutes Wort
Und gibst es dem Wesire.
Das alles kennst
und singst du heut
Und singst es morgen eben:
So trägt uns freundlich dein Geleit
Durchs rauhe, milde Leben.
Ushk Nameh:
Buch der Liebe
Gewarnt
Auch in Locken
hab ich mich
Gar zu gern verfangen.
Und so, Hafis, wär's wie dir
Deinem Freund ergangen.
Aber Zöpfe
flechten sie,
Nun aus langen Haaren;
Unterm Helme fechten sie,
Wie wir wohl erfahren.
Wer sich aber
wohl besann,
Läßt sich so nicht zwingen:
Schwere Ketten fürchtet man,
Rennt in leichte Schlingen.
Versunken
Voll Locken
kraus ein Haupt so rund!
Und darf ich dann in solchen reichen Haaren
Mit vollen Händen hin und wider fahren,
Da fühl ich mich von Herzensgrund gesund.
Und küß ich Stirne, Bogen, Auge, Mund,
Dann bin ich frisch und immer wieder wund.
Der fünfgezackte Kamm, wo sollt er stocken?
Er kehrt schon wieder zu den Locken.
Das Ohr versagt sich nicht dem Spiel,
Hier ist nicht Fleisch, hier ist nicht Haut,
So zart zum Scherz, so liebeviel!
Doch wie man auf dem Köpfchen kraut,
Man wird in solchen reichen Haaren
Für ewig auf und nieder fahren.
So hast du, Hafis, auch getan,
Wir fangen es von vornen an.
Rendsch
Nameh: Buch des Unmuts
Übermacht,
ihr könnt es spüren
Übermacht, ihr
könnt es spüren,
Ist nicht aus der Welt zu bannen;
Mir gefällt zu konvergieren
Mit Gescheiten, mit Tyrannen.
Da die dummen
Eingeengten
Immerfort am stärksten pochten,
Und die Halben, die Beschränkten
Gar zu gern uns unterjochten,
Hab ich mich für
frei erkläret
Von den Narren, von den Weisen;
Diese bleiben ungestöret,
Jene möchten sich zerreißen;
Denken, in
Gewalt und Liebe
Müßten wir zuletzt uns gatten,
Machen mir die Sonne trübe
Und erhitzen mir den Schatten.
Hafis
auch und Ulrich Hutten
Mußten ganz bestimmt sich rüsten
Gegen braun und blaue Kutten:
Meine gehn wie andre Christen.
»Aber nenn uns
doch die Feinde!«
Niemand soll sie unterscheiden;
Denn ich hab in der Gemeinde
Schon genug daran zu leiden.
Wenn du auf
dem Guten ruhst
Wenn du auf dem
Guten ruhst,
Nimmer werd ich's tadeln;
Wenn du gar das Gute tust,
Sieh, das soll dich adeln!
Hast du aber deinen Zaun
Um dein Gut gezogen,
Leb ich frei und lebe traun
Keineswegs betrogen.
Denn die
Menschen, sie sind gut,
Würden besser bleiben,
Sollte nicht, wie's einer tut,
Auch der andre treiben.
Auf dem Weg, da ist's ein Wort,
Niemand wird's verdammen:
»Wollen wir an einen Ort,
Nun wir gehn zusammen!«
Vieles wird sich
da und hie
Uns entgegenstellen:
In der Liebe mag man nie
Helfer und Gesellen;
Geld und Ehre hätte man
Gern allein zur Spende;
Und der Wein, der treue Mann,
Der entzweit am Ende.
Hat doch über
solches Zeug
Hafis
auch gesprochen,
Über manchen dummen Streich
Sich den Kopf zerbrochen;
Und ich seh nicht, was es frommt,
Aus der Welt zu laufen,
Magst du, wenn das Schlimmste kommt,
Auch einmal dich raufen!
Hikmet Nameh:
Buch der Sprüche:
Herrlich ist der
Orient
Übers Mittelmeer gedrungen;
Nur wer Hafis liebt und kennt,
Weiß, was Calderon gesungen.
Hatem
Ach, Suleika,
soll ich's sagen?
Statt zu loben, möcht ich klagen!
Sangest sonst nur meine Lieder,
Immer neu und immer wieder.
Sollte wohl auch
diese loben;
Doch sie sind nur eingeschoben,
Nicht von Hafis, nicht Nisami.
Nicht Saadi, nicht von Dschami.
Kenn ich doch
der Väter Menge,
Silb um Silbe, Klang um Klänge,
Im Gedächtnis unverloren;
Diese da sind neu geboren.
Gestern wurden
sie gedichtet.
Sag, hast du dich neu verpflichtet?
Hauchest du so froh verwegen
Fremden Atem mir entgegen,
Der dich eben so
belebet,
Eben so in Liebe schwebet,
Lockend, ladend zum Vereine
So harmonisch als der meine?
Saki Nameh:
Das Schenkenbuch
Solang man
nüchtern ist
Solang man
nüchtern ist,
Gefällt das Schlechte;
Wie man getrunken hat,
Weiß man das Rechte;
Nur ist das Übermaß
Auch gleich zu Handen,
Hafis,
o lehre mich,
Wie du's verstanden!
Denn meine Meinung ist
Nicht übertrieben:
Wenn man nicht trinken kann,
Soll man nicht lieben,
Doch sollt ihr Trinker euch
Nicht besser dünken:
Wenn man nicht lieben kann,
Soll man nicht trinken.
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